Unverträglichkeiten & Allergien rund um die (Kuh-)Milch
Autor:
Jörg Bort
Kategorie:
Beitrag vom:
11.06.2024
Immer wieder ergibt sich die Frage, wieso ich vom Verzehr von Kuhmilch als auch deren Produkten wie Käse, Joghurt, Quark etc. abrate. Ich möchte Ihnen daher einen kleinen Einblick in die äußerst komplexe Thematik der Lebensmittelreaktionen wie Unverträglichkeiten, Allergien und Co geben.
Einführung
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird häufig von „Unverträglichkeiten“ gesprochen, wenn es nach dem Verzehr eines Lebensmittels zu Reaktionen im Körper kommt. Dabei können die Reaktionen vielfältiger Natur sein und z.B. aufgrund von Vorgängen im Immunsystem entstehen, aber genauso aufgrund von Inhaltsstoffen des Lebensmittels oder erst durch eine Interaktion mit Prozessen im Körper entstehen. Rückfragen zur (Kuh-)Milch stellen dabei den größten Anteil in meiner Beratungspraxis dar, so dass ich diese detailliert darstelle. Das Prinzip ist allerdings auf die meisten anderen Lebensmittel übertragbar.
Sofort-Allergie (vom Typ IgE)
Im Bereich vom Immunsystem sind vielen Menschen die klassischen Sofort-Allergien (vom Typ IgE) bekannt. Hier zeigen sich die Reaktionen in der Regel unmittelbar nach dem Kontakt mit dem Lebensmittel und können mitunter auch lebensbedrohlich sein. Fast 90% aller schweren Lebensmittelallergien betreffen diese acht Lebensmittelgruppen: Milch, Soja, Ei, Weizen, Erdnüsse, Nüsse, Fisch & Schalentiere.
Immunreaktionen auf Lebensmittel (vom Typ IgG)
Ein weiterer Reaktionsweg mit Beteiligung des Immunsystems sind die zeitversetzten Immunreaktionen auf Lebensmittel (vom Typ IgG). Diese Reaktionen können bis zu 72 Std. nach dem Kontakt mit dem Lebensmittel auftauchen, laufen wesentlich unterschwelliger ab, können unterschiedlichste Beschwerden im Körper hervorrufen und sind daher in der Mehrzahl der Fälle in der eigenen Beobachtung nur schwer feststellbar.
Diesen Reaktionen wird in der klassischen Hochschulmedizin wenig Beachtung geschenkt oder häufig auch zu Unrecht abfällig betrachtet.
Ich habe mehr als 500 Analysen auf diese zeitversetzten Reaktionen durchgeführt und konnte als die häufigsten Reaktionen folgende Lebensmittel identifizieren:
Milch und Milchprodukte von Kuh, Schaf und Ziege, Weizen und sämtliche glutenhaltige Getreidesorten wie Roggen, Dinkel, Gerste aber auch Hafer sowie Nüsse.
Mit deren Meidung haben eine Vielzahl von Patienten eine signifikante Verbesserung Ihrer Beschwerden erreicht, so dass diese Form der Diagnostik und Ernährungstherapie nach meiner Erfahrung eine Berechtigung hat und von Fall zu Fall berücksichtigt werden kann.
Das angeborene Immunsystem
Der dritte Reaktionsweg vom Immunsystem betrifft das angeborene Immunsystem (in Form der Leukozyten). Grundsätzlich kann unser Immunsystem im Körper in zwei Bereich unterteilt werden: Den erworbenen Teil (=also Aspekte, die unser Immunsystem während unseres Lebens gelernt hat – hier zählen auch die beiden oben genannten Reaktionswege mit IgE und IgG dazu) und den angeborenen Teil (=also Aspekte, die wir von Anfang an haben und sich nicht erst im Kontakt mit unserer Umwelt entwickelt haben).
Auch für die Fragestellung nach Reaktionen des angeborenen Immunsystems auf Lebensmittel gibt es entsprechende Laboruntersuchungen. Kenntnisse zu dieser speziellen Diagnostik sind in der Hochschulmedzin praktisch nicht vorhanden.
Ich habe zahlreiche dieser Analysen durchgeführt und konnten hier aber keine allgemeingültige Empfehlung ableiten, da sich die betroffenen Lebensmittel in den Tests stark unterschieden.
Dennoch, auch auf diesem Reaktionsweg können Reaktionen gegen Lebensmittel wie z.B. Kuhmilch vorliegen.
Casein-Allergie betrifft jegliche Milchprodukte
Zum Bereich der allergischen Reaktionen zählt auch noch die Casein-Allergie. Casein findet sich in jeder tierischen Milch, also egal ob von der Kuh, Schaf oder Ziege.
Wichtig ist die Unterscheidung zur Kuhmilchallergie. Während bei der Kuhmilchallergie (vom Typ IgE) also eine Reaktion gegen die Kuhmilch an sich besteht, bezieht sich die Casein-Allergie auf einen Bestandteil der Milch, nämlich das Casein.
Dieses ist hitzestabil und findet sich dementsprechend auch in allen Produkten, die Milch oder deren verarbeitete Produkte wie Käse, Quark etc. beinhalten. Das betrifft also z.B. Pizza, Kuchen/Torten, Milchspeiseeis und vieles weitere.
Die Reaktionen einer Casein-Allergie können sich im Bereich der Verdauungsorgane aber auch mit Hautreaktionen/-problemen, im Herz-Kreislauf-System oder mit Schnupfen bzw. ständig laufender Nase bemerkbar machen.
Eine Casein-Allergie lässt sich über eine spezielle Labordiagnostik feststellen.
Casomorphine – „Drogen“ in der Milch?!
Ein Nebenaspekt vom Casein ist noch, dass bei dessen Abbau im Körper Casomorphine entstehen können. Casomorphine sind morphinähnlich wirkende Eiweiße, die an die entsprechnden Opioidrezeptoren im Gehirn andocken können.
Diese Stoffe können also im Gehirn an dieselben Rezeptoren andocken wie beispielsweise Heroin und daher theoretisch ähnlich wirken.
Auch nach dem Verzehr von (glutenhaltigem) Getreide können Gliamorphine entstehen, denen die selbe Wirkung zugeschrieben wird.
Es wird daher angenommen, dass die „Sucht“ nach Käse und/oder Brot mit dieser Wirkung im Zusammenhang stehen könnte. Ob dies tatsächlich so ist, ist für mich aktuell unklar, da auch viele weitere Faktoren zu dem unbändigen Verlangen nach Käse bzw. Brot beitragen können.
In wie fern im Körper vermehrt Caso- bzw. Gliamorphine vorhanden sind, kann bei Bedarf auch im Labor ermittelt werden.
Laktoseinteloranz
Von den bisherigen Reaktionswegen des Immunsystems muss nun die Intoleranz unterschieden werden. Eine Intoleranz, wie die Laktose-Intoleranz, entsteht nicht durch Mitwirken des Immunsystems, sondern durch einen Enzymmangel.
Aber beginnen wir von vorne. Tierische Milch beinhaltet Laktose. Das ist der Milchzucker und dieser kommt sowohl in der Kuh-, als auch in der Schaf- und Ziegenmilch vor.
Milchzucker können Sie sich als eine lange Perlenkette vorstellen, die für eine gute Verdauung in einzelne Glieder zerlegt werden muss. Dafür braucht es also „Scheren“ in Form von Enzymen, die sogenannte Laktase. Sind genug Scheren für die Perlenkette vorhanden, macht Laktose keine Beschwerden.
Die Bildung der “Scheren“ nimmt ganz natürlich im Laufe unseres Lebens ab und kann aber auch durch Infekte im Dünndarm zusätzlich reduziert werden.
Therapeutisch kann in solchen Fällen auf Milchprodukte verzichtet werden, vor der Mahlzeit die Laktase als Medikament eingenommen werden oder beim Einkauf auf laktosefreie Produkte zurückgegriffen werden.
Ob man von einer Laktose-Intoleranz betroffen ist, kann über einen Atemgastest herausgefunden werden.
Mit dieser Übersicht haben Sie einen ersten guten Überblick zu den vielfältigen Reaktionsmöglichkeiten rund um die (Kuh-)Milch.
Tipps für den Alltag, wenn Sie Beschwerden haben und Symptome zeigen
Lebensmittel-Tagebuch führen:
Notieren Sie, was Sie essen und trinken, sowie die auftretenden Symptome. So können Sie leichter erkennen, welche Lebensmittel Sie möglicherweise nicht vertragen.
Ausreichend trinken:
Stellen Sie sicher, dass Sie ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, vorzugsweise Wasser oder Kräutertees. Eine gute Hydration kann die Verdauung unterstützen und Blähungen reduzieren.
Vermeidung von problematischen Lebensmitteln:
Wenn Sie wissen, dass Sie bestimmte Lebensmittel nicht vertragen, wie z.B. Milchprodukte bei Laktoseintoleranz, vermeiden Sie diese konsequent. Es gibt viele laktosefreie oder auch pflanzliche Alternativen.
Ballaststoffe beachten:
Achten Sie darauf, ausreichend Ballaststoffe in Ihre Ernährung zu integrieren. Diese können die Verdauung in ihrer Aktivität unterstützen.
Langsam und gründlich kauen:
Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Mahlzeiten und kauen Sie gründlich. Dies erleichtert die Verdauung und kann das Auftreten von Blähungen reduzieren.
Regelmäßige Bewegung:
Leichte körperliche Aktivität, wie Spazierengehen oder sanftes Yoga, kann die Verdauung fördern und Symptome wie Bauchschmerzen und Blähungen lindern.
Stressmanagement:
Stress kann einen erheblichen Einfluss auf Ihre Verdauung haben. Techniken wie Meditation, Atem- oder andere Entspannungsübungen können helfen, das Stresslevel zu senken und die Verdauung zu verbessern.
Medizinische Unterstützung:
Wenn die Beschwerden anhalten oder sich verschlimmern, sollten Sie den Therapeuten Ihres Vertrauens um Unterstützung bitten. Dieser kann gezielte Empfehlungen geben und notwendige diagnostische Tests durchführen.
Nahrungsergänzungsmittel:
Ausgewählte Nahrungsergänzungsmittel können die Verdauung aktiv unterstützen und sich daher positiv auf Ihre Verdauungsbeschwerden und das allgemeine Wohlbefinden auswirken.
Mit diesen Tipps sollten Sie in der Lage sein, Ihren Alltag besser zu bewältigen und die Beschwerden, die durch Unverträglichkeiten oder Allergien verursacht werden, zu lindern.
Was denken Sie? Halten Sie die Kuhmilch für ein wichtiges Lebensmittel?
Schreiben Sie mir gerne Ihre Ansicht in den Kommentaren.
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